Von Engeln und Dämonen

Mädchen, mit traurigem Blick zum Betrachter, eine Lichterkette die ins Bild führt, um ihren Kopf führt und sie in in ihren Händen hält, im Hintergrund ein Baum, an dem sie sitzt

Gut und Böse, schwarz und weiß, Engel und Dämonen – dies sind die Dualismen, mit denen wir Menschen uns so beschäftigen, wenn es darum geht, wie etwas zu bewerten ist. Und wer entscheidet was gut und was schlecht ist? Ist es überhaupt möglich etwas als objektiv böse – oder schlecht – zu bewerten? Ist eine Giftspritze böse, weil sie Lebewesen töten kann? Nein, ja, und: vielleicht.

Wieso nicht beides? Möchte ein Mensch selbst keine Giftspritze empfangen, so ist er womöglich dafür, dass ein entlaufener Bär mit selbiger eingeschläfert wird. Der gleiche Mensch gönnt seinem Verwandten die Erlösung von seiner Krankheit, und ist gegen eine Bestrafung, die das Leben kostet. Wie passt das alles zusammen? Schließlich geht es doch um die Frage, ob Giftspritzen nun gut oder schlecht sind. Und nein, meiner Meinung nach ist das Beispiel nicht gerade passend gewählt, nur um mit einer Kontroversen einzusteigen. Da könnte womöglich beliebige Situation als Beispiel dienen.

Ist eine Giftspritze böse, weil sie Lebewesen töten kann?

Ich behaupte hier: es ist niemals etwas gut oder schlecht, sondern immer beides. Und die Relevanz einer Bewertung sagt auch das Ergebnis vorher. Aber das führt nun zu tief ins Thema, und hier soll es um eine Beobachtung gehen, die ich hin und wieder anstelle. Meist brauche ich eine gewisse Zeit, um einen Menschen kennenzulernen, und entsprechend um eine solche Beobachtung machen zu können. Manchmal braucht es auch anderer Menschen, um zu erkennen, was dort passiert. Und gerne stelle ich die Beobachtung auch dankbar bei mir an: der Konflikt der (vermeintlich) zwingenden Bewertung, und die damit einhergehende Kategorisierung, macht unglücklich.

Wie kann das sein? Wir einigen uns doch alle darauf, was gut und schlecht ist, damit es einfacher ist. Oder nicht? Auch in uns stellen wir mit der Zeit Werte auf, formulieren Prinzipien, bilden uns Meinungen, damit wir in ähnlichen Situationen schnell und effektiv reagieren können. Und weil wir es als „richtig“ empfinden. Also, dadurch als „richtig“ einschätzen. Und, ähm, durch das, was wir durch die Menschen um uns so erfahren und hören. Bewertungen erhalten sich also so lange selbst, bis sie hinterfragt werden. Und das ist der schwierige Teil.

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit einen Menschen kennengelernt, der Menschen schätzt, welche sich und die Gesellschaft hinterfragen, und entsprechend eine Zukunft gestalten wollen, die glücklich sein soll für alle [Lebewesen]. Diese Person schätzt des weiteren an anderen Personen, wenn diese bestimmte Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen nicht haben. Und an sich selbst sieht die Person eben auch jene Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen, welche sie unglücklich machen. Diese möchte sie meiden, damit sie nicht in Versuchung geführt wird, wieder etwas zu tun, was sie im Nachhinein unglücklich machen wird. Sie holt sich ein leckeres Eis, isst es, hat es schon vor dem Kauf bereut, währenddessen und nach dem Essen ebenso, und zu einer Regel hat sie es auch gemacht: dass sie eben nachgibt, und es Eis dann lieber nicht in ihrer Welt geben sollte.

Ich bin in gewisser Weise über Menschen dankbar, bei denen ich so etwas beobachten kann, und darüber reflektieren kann, was das eigentlich für mich bedeutet. Es ist gewissermaßen deren Geschichte, die sie mir indirekt erzählen. Und auch ohne genau zu wissen, was dahinter steckt, so kann ich doch Parallelen erkennen. Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die ich an mir nicht gut finde, diese daher bei anderen meiden möchte, um nicht in Versuchung geführt zu werden. Und immer wenn das passiert, dann bereue ich es schon vorher, mehrfach währenddessen und auch danach. Es wird zur Regel, und dadurch zu einem richtigen „Problem“.

Der Konflikt der (vermeintlich) zwingenden Bewertung, und die damit einhergehende Kategorisierung, macht unglücklich.

Was tue ich nun, um diesen Konflikt aufzulösen? Nun, im Moment bin ich achtsam, versuche diese Gedanken zu erkennen, und anders mit meinen „Problemen“, den Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen umzugehen, und konstruktiv daran zu arbeiten. Bei Gewohnheiten entsprechend Alternativen zu suchen, die ähnlich wirken, wie bspw. Essen oder Spiele statt Zigaretten. Bei Verhaltensweisen unterbreche ich gerne das Verhalten, und versuche ein anderes Verhalten zu finden, welches ich mir in solchen Situationen anbieten kann, und entsprechend eine Änderung herbeizuführen. Ein Beispiel wäre hier, dass ich mir Pausen nehme, sobald ich merke, dass ich unter Druck gerate eine Entscheidung zu treffen, die ich zu dem Zeitpunkt noch nicht aus mir heraus treffen kann, um dann die Zeit zu haben, darüber nachzudenken. Und bei Eigenschaften habe ich noch keine Faustregel gefunden. Eigenschaften sind für mein momentanes Verständnis eher sehr komplex, und etwas, was sich über Jahre verändert, und weniger über Tage, Wochen oder Monate. Wer weiß, zu welchen Erkenntnissen mich meine Reise noch führen wird?

Also: bleibt der Engel in uns übrig, wenn wir den Dämon aussperren? Und auch alle anderen Dämonen? Oder besser: falls wir die Dämonen aussperren, kommen diese nicht wieder? Und was tun dann die Engel? Wie geht ihr damit um?

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