Leichtigkeit in der täglichen Qual

Frau sitzt in gigantischem Kleid in einem mediteran anmutendem Zimmer, schaut nach links.

Neulich stand ich an einer Haltestelle in Berlin und beobachtete Menschen, während ich auf den Bus wartete. Dort war nun eine Frau und ein Mann, beide etwa in der Mitte ihres Lebens und „lustig“ gekleidet. Es war schwarz mit farbigen Mustern. Und ihre Haut hatte ganz klar schon viel Sonne in ihrem Leben gesehen. Ihre Seelen auch.

Ich sah ein Spiel. Manche würden es vielleicht das Spiel zwischen Mann und Frau nennen. Manche würden anmerken, dass ich den Kontext gar nicht kannte, und auch den Gesprächen nicht folgen konnte. Ich jedoch beobachte nur, und erzähle von der Realität, wie ich sie erfahre. Mehr kann ich gar nicht tun hier.

Was war also besonderes an diesen beiden? Sie schienen sich zu streiten, aber nicht auf aggressive Weise. Es ging hin und her, und er schien dabei ruhiger zu sein, als sie. Schließlich standen sich beide gegenüber, sie drehte sich um und ging ablehnend davon. Und nun kommt das besondere: während sie schnellen Schrittes fortging, fiel mein Blick auf ihn. Und sein Blick schien mir erst gequält, als wäre er verletzt, oder enttäuscht. Und im nächsten Moment schien sein Blick beruhigt, gar glücklich. Eine Leichtigkeit entspannte sein Gesichtszüge, und er schaute in eine andere Richtung.

In dem Moment stieg ich dann schon in den Bus ein, und dachte darüber nach, was ich da gesehen habe. Ganz gleich, was die Vorgeschichte war, ganz gleich welche Intention dahintersteckte: unsere tägliche Qual ertragen wir Menschen (und wahrscheinlich auch Tiere) nicht ohne eine gewisse Leichtigkeit. Während ich darüber nachdachte fielen mir noch mehr solcher Beispiele an: streitende Pärchen, die sich danach wieder mit Sex er:leichtern, oder mit einem Bier mit Freunden, oder beim Shoppen mit „den Besten“. Aufgeregte Hunde, die erst engagiert an etwas kauen, und es dann fast hüpfend forttragen. Angestellte, die sich nach einem anstrengenden Gespräch mit ihren Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden an der Kaffeemaschine oder im Raucherbereich Gesellschaft suchen, und das schon fast als Sieg feiern.

Was soll das nun alles bedeuten? Wieso erzähle ich diese Geschichte? Nun, die Lektion dieser Geschichte liegt darin, dass wir dieses Ver:halten überall beobachten können. Auch bei uns selbst. Hier können wir ansetzen, und achtsam sein. Darin finden wir dann bei uns Themen, bei denen wir verhalten reagieren, und uns davon ab:halten unsere wahren Gefühle und Gedanken zu äußern, in der Furcht davor, dass niemand mehr mit uns dieses Spiel spielt, welches uns täglich neu Qualen bereitet. Und damit äußern wir auch uns selbst gegenüber nicht unsere wahren Gefühle und Gedanken, und gehen damit immer wieder in neue Runden des gleichen Spiels.

Dieses kleine Erlebnis, was mich damals so fasziniert hat, mag heute in der Interpretation und Erinnerung bereits verändert sein, und meinen aktuellen Zustand widerspiegeln. Doch es spielt letztlich keine Rolle. Hätten sich beide damals vertragen, dann hätten sie womöglich mehr Liebe in die Welt tragen können. Aber vielleicht hätte es auch mich davon abgehalten diesen Prozess zu machen, und zu erkennen, dass diese Dinge auch bei mir immer wieder [her]vor:kommen. Vielleicht nicht mehr oft im Großen, aber doch im Kleinen. Und jedes Mal verwende ich Energie auf etwas, was nur eine weitere Runde eines Spiels ist, was so vertraut ist, dass es schon fast normal scheint. Daran teilzunehmen ist keine Option, es zu beenden schon. Im Sinne eines Sieges für alle.

Was quält euch so? Wo ist eure Leichtigkeit versteckt?

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Pausen, die beschleunigen

Halbes Männergesicht, wütender Blick, die Hand markiert die Teilung in der Mitte, schwarz-weiß

Wie ich bereits an anderer Stelle geschrieben habe, ist Zeit etwas, was unsere Wahrnehmung uns zeigt. Habe ich das Gefühl Zeit zu verlieren, habe ich das Gefühl, dass die Zeit sich einfach nicht bewegt, oder dass der Tag oder die Begegnung schon wieder vorbei ist, dann ist das stark an die Gefühle gekoppelt, die ich dort erfahre. Eine besonders schöne Begegnung ist viel schneller vorbei, als ich es mir wünschen würde, obwohl ein Moment während dieser Begegnung mir vorkommen kann, als würde er unendlich andauern. Und nach einer solchen Begegnung fühle ich mich gut. Habe ich jedoch ein Meeting, wo ich nach gefühlten 10 Minuten feststellen muss, dass lediglich eine vergangen ist, dann verliere ich Energie, dann geht es mir nicht gut danach. Aber muss ich mich eigentlich immer dem hingeben, was da so passiert? Muss ich das Meeting „aushalten“, so wie es ist? Gibt es nicht Möglichkeiten, um die schönen, unendlich lang vorkommenden Momente selbst zu „vermehren“?

Pausen können mir dabei helfen ein Gefühl für Zeit, und auch für meine Gefühle zu bekommen. In der Pause kann ich mich fragen, wie viel Zeit gefühlt vergangen ist, es mit dem vergleichen, wie viel tatsächlich vergangen ist, und schließlich überlegen, welche Gefühle ich währenddessen so hatte. War ich im Flow, oder habe ich mich dauernd nur geärgert, weil etwas nicht funktioniert hat? Im ersten Fall habe ich wahrscheinlich nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen ist, und im zweiten Fall, habe ich meinen Ärger auch dauernd mit der Zeit verknüpft, die dann davonzurennen scheint. Denn: wenn etwas nicht funktioniert, dann verliere ich doch Zeit! Oder nicht?

Wie können mich Pausen also beschleunigen? Das klingt doch nun erst einmal nach „Arbeit“, nach einem Prozess, den ich durchlaufe. Eigentlich ganz einfach: in der Pause kann ich mir ins Gedächtnis holen, was ich gerade mache, und wie ich es machen möchte. Es ist eine Gelegenheit für mich, einen Schritt zurückzutreten, und mich von außen zu betrachten. Ärgere ich mich gerade sehr über etwas, dann sollte ich mir eine Pause gönnen, und zum Beispiel für eine Minute am Stück lächeln. Das unterbricht den Ärger, und ich kann mir überlegen, wie ich mit der Situation konstruktiver umgehen kann, als mit Ärger. Was ist mein Ziel? Kann ich dieses auch anders erreichen? Wo wäre meine Energie besser angelegt, als im Ärger des Moments? Wo kommt mein Ärger eigentlich her? Meist nicht von dem, was ich gerade sehe oder höre.

Screenshot Pexels-Suche nach "stress"
Wer nach Stress sucht, der findet auch Glück 🙂

Ich glaube – und ich habe es auch so erlebt – dass dadurch alles ein bisschen einfacher wird. Wir verschwenden weniger Energie darauf, uns unseren Gefühlen in Situationen zu ergeben, die uns nur ausbremsen, wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen, und gleichzeitig können wir die Gefühle als das wahrnehmen, was sie sind: Signale, dass etwas nicht stimmt, mit uns oder in der Welt um uns herum. Und selbst wenn wir möglicherweise lange Zeit brauchen werden, um das was wir wahrgenommen haben zu deuten, so haben wir dennoch nun die Möglichkeit mit solchen Situationen anders umzugehen: wir können die Situation verändern, wir können unsere Gefühle verändern, und wir können uns dafür entscheiden die Perspektive zu verändern, um unser Verständnis von anderen Menschen oder unserer Umwelt zu erweitern. Und das sind Effekte, die sich nicht nur addieren, sondern mindestens multiplizieren. Denn wir fangen nicht am gleichen Punkt wieder an mit der Welt zu interagieren, sondern haben unsere Fähigkeiten, unsere Baseline, wieder verbessert, und können nun von dort aus agieren. Achtsam. Und das wirkt sich auf alles aus, was wir tun. Es beschleunigt uns, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren!

Was war dein letzter Moment, in dem du nicht auf deine Gefühle gehört hast, oder sie erst wahrgenommen hast, als es schon zu spät war?

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Less pain, more gain!

Läuferin springt über eine Hürde

Heute morgen bin ich in Magdeburg laufen gegangen, und es fühlte sich am Ende sehr befreiend an. Überhaupt mag ich es zu laufen. Angefangen habe ich damit vor vielen Jahren, und nun mache ich es wieder. Das Laufen ist nicht nur etwas für den Moment, es ist auch etwas für den Alltag. Der Sport macht den Körper fitter und ausdauernder, und ausdauerndes Laufen macht den Kopf freier und mich insgesamt resilienter. So ist zumindest mein Gefühl dabei.

Nicht zuletzt ist das Laufen für mich auch ein sehr einfaches Mittel persönliches Wachstum zu erleben, und kleine Schritte gehen zu üben. Es gibt viele (erfahrene) Läufer, deren Texte ich gelesen habe, die sagen, dass jeder Mensch dazu in der Lage sei einen Marathon zu laufen (bspw. diese hier), wenn er sich das vornimmt. Ich glaube das auch. Ich selbst trainiere in kleinen Schritten zu längeren Distanzen und schnelleren Zeiten, sodass es Monate dauern kann, bis ich bestimmte Meilensteine meines Trainings erreiche. So habe ich mir vorgenommen 5 km nach 4 Wochen, 10 km nach 8 Wochen, einen Halbmarathon (21 km) nach 3 Monaten und einen ganzen Marathon (42 km) nach 9 Monaten zu erreichen. Sollte es ein wenig abweichen, dann ist das nicht weiter schlimm. Aber es ist viel Zeit, und jede Woche, jede Einheit, kann schon etwas besser sein, als die letzte. Und das ist das faszinierende. Eine halbe Stunde alle zwei Tage kann schon sehr weit auf diesem Weg bringen, ohne mich dabei auszulaugen, oder mich zu Verletzungen zu treiben. Less pain, more gain!

Wenn ich abends weiß, dass ich am nächsten Morgen wieder zu laufen plane, dann freue ich mich schon richtig darauf. Wenn ich meine Schuhe anziehe, und rausgehe – selbst bei Regen – dann freue ich mich die ersten Schritte zu laufen. Und wenn ich meine Zieldistanz oder -zeit für die Einheit gelaufen bin, dann freue ich mich ein Cooldown zu gehen, und meine Leistung zu wertschätzen. Es ist jedes Mal ein Sieg. Wieso? Weil ich die kleinen Schritte mache. Nichts weiter.

Und so ist es im ganzen Leben, finde ich. Große Schritte können schnell überfordern, oder einfach zu schwierig umzusetzen sein. Beschließe ich beispielsweise nun selbstständig zu werden, und nach ein paar Monaten schon finanziell unabhängig sein zu wollen, dann werde ich schnell merken, dass es so einfach nicht ist (es sei denn es existiert schon entsprechende Vorarbeit in Form eines Netzwerks, eines Startkapitals, persönlicher Entwicklung, etc.). Es wäre ein zu großer Schritt. Scheitere ich, dann zweifle ich mehr, und entwickle vielleicht sogar eine Antipathie für diesen Weg. Und ja, ich habe manchmal den Gedanken, dass es mir zu lange dauert. Heute lächle ich dann drüber, und arbeite weiter an meinen kleinen Schritten. Würde ich an dem Gedanken festhalten, nachgrübeln, mich vielleicht ärgern, dann würde ich Energie und Zeit verschwenden. Und das habe ich früher viel getan. Jetzt freue ich mich darüber, wenn ich jeden Tag kleine Schritte erfolgreich gemacht habe. Denn das motiviert mehr zu tun. Wenn ich an einem kleinen Schritt scheitere, dann wirft mich das nicht gleich aus der Bahn. Und mit der Zeit steigt die Grundlinie an (ich werde u.a. resilienter), von der aus ich „laufe“, und die kleinen Schritte von heute sind die großen Schritte von gestern, und die zu kleinen Schritte von morgen. Wie schön, wenn es so einfach sein kann! Bei so ziemlich allem, und in fast jeder Situation.

Möchtest du es selbst ausprobieren, und mit dem Laufen anfangen, und dir Ziele dabei setzen? Dann fang doch klein an: morgen früh die Schuhe anziehen und rausgehen (mehr dazu bspw. hier). Das reicht schon. Und dann alle zwei Tage ein bisschen mehr. Und nach 8 Wochen könntest du schon ein paar Kilometer laufen, ohne dabei angestrengt zu sein. Probier es aus!

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Das Blau am anderen Ende des Horizonts

Frau mit blauen Augen, der Mund und die Nase verdeckt von Kleidung, offene Stirn, Haare ein wenig im Gesicht

Konrad Adenauer sagte wohl einst: „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“ Das kann aus meiner Sicht sehr reizvoll sein, denn es gibt immer das Potential den Horizont noch zu erweitern. Eine solche Reise habe ich vor einiger Zeit begonnen, und merke nach und nach, welche Tragweite das haben kann, wie viel das durcheinanderbringen kann. Hier also eine kleine Geschichte dazu.

Ich war also Mal wieder auf Reisen: in Zügen, an Küsten, in Großstädten, in meinem Körper und in meinem Kopf. Es war eine Reise zu anderen Horizonten, eine Entdeckungsreise ohne Ziel, eine Party mit fremden Beats. Ich sah diese Frau im Zug, und sie sah mich. Nichts geschah. Blicke, Augen, kein Lächeln, alles in unseren Köpfen. Wir sahen nur Augen, nur Blicke. Es regnete draußen, und ein seltsam erschöpftes Gefühl machte sich breit an einer Ostseeküste. Doch dieses Gefühl wich der Leere eines Strandes, den nur die Körbe besuchten an diesem Tag – und die Touristen. Und was taten diese? Sie machten Fotos. An diesem Strand gab es keinen blauen Horizont. Doch wo könnte dieser sein?

Derweil saß ich wieder im Zug, einen Schlafplatz bei jemandem organisiert, den ich online gerade erst kennengelernt habe. Ein weiter Weg bis dahin. In der Großstadt tummeln sich Menschen, manche genießen ihr Samstagsbier, manche ertränken ihren Samstag in Bier. Aus den Lokalen dröhnt der Fussball. Erstmal einen veganen Burger mit Süßkartoffelpommes essen, dazu Eistee. Wer gewonnen hat? Spielt das wirklich eine Rolle? Ich suche Horizonte, nicht Leuchttürme. Also weiter in der Stadt, durch die Straßen, durch die Gassen. Ein Gespräch das bleibt: „Fensterscheiben kannst du dir in allen Städten anschauen.“, oder so ähnlich. Dieser Satz sollte mich noch lange beschäftigen. Horizonte sind nicht die Fensterscheiben, die ich betrachte, sondern was dahinter liegt. Etwas verwirrt dann zum Bahnhof, ab in die nächste Stadt.

Ein kleiner Wasserkanal kann Welten trennen, die doch zusammengehören. Auf der einen Seite spielt Musik, die Leute tanzen und haben Spaß. Auf der anderen Seite ist der Spaß wohlrationiert, der Tanz im Kopf und die Musik hat keine Melodie mehr. Manche Fenster haben eben keine Scheiben, sondern Wände, die den Blick hinein verdecken sollen. Ich sitze wieder im Zug und sehe nur schwarz. Der blaue Himmel ist nur noch in meinem Kopf, irgendwo über den Wolken. Die nächste Stadt ist klein, das Erlebnis wie ein Throwback, aber neu und anders. Vielleicht rede ich zu viel.

Die Nacht war kurz, ich denke an Fensterscheiben. Schlaf ist nicht dort, wo die Wolken beginnen sich zu verziehen. Gewohnheit siegt jedoch zunächst. Schon wieder diese spitzen Kanäle, aber diesmal mit Geschichte. Horizonte liegen auch in Geschichten, aber nicht so sehr dieses Mal. Zu wild die Wellen.

So auch an der Nordsee, wo die Menschen fliegen lernen. Wieso? Weil sie Spaß haben! Ein faszinierendes Bild der Unstimmigkeit menschlicher Kreativität. Am Horizont eine Insel. Keine Geschichten? Nun, womöglich war es wie bei dem Hund, der die Wellen anbellend immer weiter lief, denn es kamen ja immer neue, und sein Blick war stets nach vorn gerichtet. Irgendwann sah ich ihn nicht mehr. Der Wind erschien mir stärker. Zeit zu gehen. Es segelt sich besser mit einem gepflegten Schiff.

Freiheit schmeckt so gut. Und es ist ein euphorisches Erlebnis unendlicher Möglichkeiten. Das Blau am anderen Ende des Horizonts zu probieren kann viel durcheinanderbringen. Es ein anderes Mal tatsächlich zu erleben ist sehr reizvoll. Mit frischen Segeln und weniger Wind. Oder einfach so.

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Wachstum im Guten wie im Schlechten

Kristallball, der die Perspektive umkehrt

Geschichten, Möglichkeiten, Pausen. Wohin führt das Ganze? Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich mich für viele Dinge interessiere, mich mit verschiedensten Themen beschäftige, und im letzten Jahr fast mein ganzes Leben verändert habe. Was niemand wissen kann, ist, dass sich mein Leben wahrscheinlich auch das nächste Jahr noch viel verändern wird. Ist das nun gut? Oder schlecht? Oder beides?

Aus meiner Sicht gibt es eine Konstante im Leben: die Veränderung. So wie jede Jahreszeit neues Leben erschafft, und anderes tötet, so wie zwischenmenschliche Beziehungen aufgebaut und wieder aufgegeben werden, so wie in den großen Lebensphasen die Umgebung und die Perspektive erscheint und dann wieder verbleicht, so ist es bei allem, was wir denken und tun. Ich kann mich heute fest auf meinem Weg sehen, und ihn gehen, und morgen schon beginne ich einen Karrierewechsel. Ich kann letzte Woche noch die Gedanken nicht von einer Person lassen, und nächste Woche ist es eine andere Person, oder gar ich selbst. Vor einem Jahr habe ich vielleicht niemals in Erwägung gezogen, in eine andere Stadt zu ziehen, und nächstes Jahr werde ich womöglich schon in zwei anderen Städten gelebt haben. Mit kleinen Gedanken und Tätigkeiten funktioniert es genauso. Wer schonmal ein Buch gelesen hat, oder ein Musikstück gehört hat, der weiß, dass alles, was einen Anfang hat, auch ein Ende hat. Und es verändert uns jedes Mal, auch wenn es uns oft nicht bewusst ist. Nach dem Aufwachen sieht die Welt oft ganz anders aus, als sie vor dem Einschlafen aussah. Ist das nun gut? Oder schlecht? Oder beides?

Muss es gut sein? Oder schlecht? Was ist überhaupt gut und schlecht? Ist es gut, dass die Atombombe zum Ende des Zweiten Weltkrieges beigetragen hat, oder ist es schlecht, dass selbige so viel Zerstörung verursacht hat? Ist es schlecht, dass in der Dritten Welt Kinder arbeiten müssen, oder ist es gut, dass sie eine Möglichkeit haben mit das Überleben der Familie zu sichern? Ist es gut, dass im 21. Jahrhundert die Menschheit immer schneller und immer mehr nachhaltig mit ihrer Welt umgeht (ja, es gibt noch viel zu tun), oder ist es schlecht, dass hierzu Jahrhunderte immer schnelleren und immer weniger nachhaltigeren Handelns notwendig waren, um durch die Konsequenzen das Bewusstsein dafür zu schaffen? Was passiert, wenn wir den Blick aus der Vergangenheit und der Zukunft hin zum Jetzt bringen?

Worauf kommt es heute an? Ich habe vor einiger Zeit für mich das Experiment begonnen, jeden Tag ein bisschen besser zu verbringen, als den vorherigen. Was auch immer das bedeuten mag. Dabei habe ich gelernt, dass Wachstum das ist, was positives und negatives in eine Form bringt, die für mich jeden Tag ein bisschen besser werden lässt. Wachstum bedeutet nicht, dass es immer nur positiv sein muss. Wenn ich einem Baum einen Ast abschneide, kann es sein, dass ihm danach zwei wachsen. Wenn ein Krieg geführt wird, dann kann es sein, dass die Region danach stabiler ist, und dadurch die Lebensqualität besser wird, als sie es jemals war (beispielsweise der EU-Raum nach dem Zweiten Weltkrieg). Wenn eine Partnerschaft beendet wird, weil die Umstände zu viel Leiden verursachen, dann kann es sein, dass Monate später selbige Partnerschaft neu erblüht, mit neuer Perspektive, und besser als vorher.

Wachstum ist also immer möglich, die Veränderung sollte willkommen geheißen werden, und bewusst wahrgenommen werden. Vielleicht belasten die großen und plötzlichen Veränderungen ja nicht so sehr, wenn wir jeden Tag die Vielzahl an kleinen Veränderungen und die Bewegung in unserem Leben sehen, und sie als etwas natürliches ansehen. In diesem Sinne verlasse ich euch hier mit einer kleinen Inspiration. Denn wir erfahren manche Veränderungen, und wir bewirken manche auch. Gut? Schlecht? Egal! Macht was draus!

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Pausen nehmen, Zeit haben

Frau draußen, mit Sonnenbrille, Kaffe und iPad

Menschen denken, handeln und leben immer so, wie sie sich fühlen. Vermeintlich bewusste Entscheidungen basieren häufig auf erlerntem Verhalten, und nicht auf selbstreflektierter Abwägung. Und weil es nun immer so viel zu tun gibt, und Pausen auch schon im Kalender geplant werden, haben viele Menschen ständig das Gefühl „keine Zeit zu haben“. Daraus entstanden Trends wie die Selbstoptimierung und die Entschleunigung. Das geht sogar so weit, dass aus Gründen der Selbstoptimierung die Entschleunigung praktiziert wird, und diese mit den passenden Apps quantifiziert wird, um auch dort zu optimieren. Wie viele Minuten hast Du in den letzten Tagen meditiert, und wie viele Tage am Stück hast Du es geschafft? Nutzt du den Slow Cooker-Sonntag, um Dich selbst über YouTube zu vermarkten? Und wie gut ist Dein Schlaf geworden, seitdem Du die Dir gesetzte 8 Stunden-Grenze durch allerlei Technik zu optimieren versuchst?

Unabhängig davon, ob die oben genannten Fragen nun sachlich oder kritisch gemeint sind: es ist durchaus legitim Selbstoptimierung und Entschleunigung ins Leben zu integrieren, sofern es um eine Balance geht, meiner Meinung nach. Sie verdeutlichen eine neue Komplexität, die Einzug in unser Leben gefunden hat. Ich probiere immer wieder etwas neues aus beiden Bereichen aus, und habe manches auch in mein Leben integriert. Ich stellte jedoch mit der Zeit fest, dass meine Balance nicht einer Struktur folgen kann. Zu einer solchen Struktur gehören beispielsweise Regeln, welche die Qualität meiner Zeit bewerten, Tools, welche bei Verhaltensänderungen helfen, und diese nachvollziehbar machen, und vieles mehr. Und weil „es immer besser geht“, und die Möglichkeiten immer zahlreicher werden, wird die Pflege der Struktur selbst eine tägliche Aufgabe. Und werden Regeln nicht eingehalten, dann fühlt es sich nach einer verlorenen Schlacht an. Das Gegenteil einer Belohnung ist schließlich oft eine Strafe, auch wenn diese Empfindung lediglich durch unsere Wahrnehmung bestimmt wird.

Es wurde also irgendwann Zeit etwas anderes zu probieren. Hierzu bin ich zu den möglichst einfachen Bausteinen gegangen, um diese für sich genommen auszuprobieren, und zu erforschen. In diesem Artikel geht es um Pausen. Ganz grundsätzlich Pausen vom Alltag, vom Machen, vom Denken. Erstaunlich schwierig so eine Pause „zu machen“, wie sich herausgestellt hat. Zuerst muss ich mir die Pause erlauben. Das war noch der einfachste Punkt, da ich sehr einfach testen konnte, dass ich entspannter und erholter auch produktiver bin. Dann muss ich meinen Kontext von dem, was ich vor der Pause tue, zu der Pause hin wechseln. Das ist nun gar nicht so einfach. Gehe ich einer Tätigkeit nach, dann fällt es leichter, wenn ich diese zu einem sinnvollen Zwischenstand geführt habe, bevor ich pausiere. Merke ich, dass ich eine Pause gebrauchen könnte, dann „muss“ ich die Entscheidung treffen zurückzustellen, was auch immer ich gerade tue oder denke. Das kann auch bedeuten, dieses Gefühl, dieses Bedürfnis, vor anderen zu äußern. Zuletzt der schwierigste Part: die Pause selbst. Habe ich mir den Freiraum geschaffen eine Pause zu machen, dann „muss“ ich sie ja auch nutzen. Dazu gehört aber zwangsläufig, dass nichts anderes in der Zeit eine Rolle spielt. Der Drang zum Smartphone zu greifen, und mich abzulenken, oder ein Video zu schauen, um mich in der Pause fortzubilden, kann groß sein. Vielleicht kommen auch irgendwelche negativen Gefühle auf, von denen ich mich ablenken muss.

Gar nicht so einfach also eine wirklich „gehaltvolle“ Pause zu machen. Aber es geht. Und die Welt sieht danach tatsächlich ein bisschen anders aus. Wie diese Geschichte weitergeht erfährst Du in einem künftigen Artikel.

Wie lang muss Deine „Pause“ sein, damit du eine Minute tatsächlich Pause gemacht hast?

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Die verborgene Macht der Möglichkeiten

Mensch in Landschaft auf Holzweg

Möglichkeiten. Ein Wort, welches in der deutschen Kultur aus meiner Sicht eher weniger präsent ist, als beispielsweise in der US-amerikanischen. Es wird häufig von dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten gesprochen, und häufig werden die Fakten belächelt, die dem zu widersprechen scheinen. Doch hier soll es nicht um Fakten gehen, sondern um Wahrnehmung.

Wie ist das also nun mit den Möglichkeiten? Ich persönlich habe häufig nur gehört, dass ich ja die Wahl hätte. Für mich ist eine Wahl die Entscheidungsmöglichkeit zwischen vorgegebenen Optionen. Und lange Zeit habe ich auch nur diese gesehen: nach der Mittelstufe habe ich die Wahl zwischen Abitur, Fachabitur und Ausbildung. Nach dem Abitur habe ich die Wahl zwischen Universität, Ausbildung, usw. Nach der Universität habe ich die Wahl zwischen den Jobs für die mich mein Abschluss qualifiziert. Und so geht das immer weiter. Dir werden Wege gezeigt, und Du darfst wählen, welchen Du gehst. Wenn Du sie nicht gehst, dann droht Dir ein schlechtes Leben – so zumindest habe ich den Druck empfunden, der mit diesen Entscheidungen einhergeht. Die Formel ist also einfach: gehe die Wege, und Du wirst ein gutes Leben haben.

In US-Amerika ist die kulturelle Sicht darauf andersherum. Wenn dort ein Mensch ein gutes Leben haben möchte, dann geht es eher darum sich einen Weg zu erarbeiten, der einen dorthin führt. Dort geht es weniger um Status, mehr um das Erreichte (achievements). Welchen Weg der Mensch dabei geht ist erstmal unwesentlich, solange er dafür arbeitet (work hard). Und so ist dort die vorherrschende Interpretation von Möglichkeiten die der opportunities. Das ist eine Situation, in der es etwas zu erreichen gibt, wenn diese Situation wahrgenommen wird, und daran gearbeitet wird.

Stellen wir uns das bildlich vor: wir gehen durch unser Leben, eine große und diverse Landschaft. Wenn wir Wahlmöglichkeiten haben, dann sind das befestigte Wege durch diese Landschaft, und womöglich sehen wir sogar andere, die diese Wege gehen, und wir können es ihnen gleich machen. Opportunitäten sind Flaggen, die abseits der Wege aufgestellt wurden. Von jedem sichtbar, kann auch jeder versuchen dorthin zu gelangen. Doch nur der erste kann die Flagge nehmen, der Rest bleibt dann mitten in der Landschaft stehen. Was kann es noch geben?

Für mich sind Möglichkeiten nicht für alle in der Landschaft zu sehen. Jeder hat einen eigenen Blick auf die Landschaft, gezeichnet von seinen Wünschen, Träumen, Zielen und Visionen. Dies könnte bedeuten auf einen Berg in dieser Landschaft zu steigen, um dann mit einem Gleiter weit ins Land zu fliegen. Doch dort gibt es keinen befestigten Weg hin, und keine Flaggen, die eine Richtung weisen. Ich kann mir durch Geschichten anderer Inspiration für meinen eigenen Weg holen, aber es wird mein eigener Weg bleiben, da nur ich so bin, wie ich bin.

Was also ist die verborgene Macht der Möglichkeiten? Es gibt kein richtig und falsch, wenn es um Möglichkeiten geht. Egal welchen Weg ich gehe, niemand außer mir kann beurteilen, wie geeignet dieser für mich ist. Schließlich finde ich den ja auch aus meinem Innersten heraus. Und, stelle ich fest, dass der Weg nicht gut für mich ist, dann gibt es unendlich viele andere die ich einschlagen kann. Diese Einsicht macht das Leben zu einem Abenteuer, und womöglich ist es das, was die Leute meinen, wenn sie sagen der Weg sei das Ziel. Die Richtung kann sich jederzeit ändern im Laufe des Lebens, und die Richtung zu ändern kann auch eine bewusste Entscheidung sein. Ist der Blick offen dafür, dann tun sich immer wieder neue Wege auf. Fasziniered!

Doch eine Macht wäre keine Macht, wenn sie nicht auch negatives tun könnte. Und das ist die Suche nach Möglichkeiten. Über Wahlen kann ich mich infomieren, nach Opportunitäten suchen. Möglichkeiten jedoch erscheinen häufig nur dann, wenn nicht danach gesucht wird. Ich habe das häufig im letzten Jahr erlebt, und ich werde sicherlich auch noch Geschichten dazu erzählen. So viel sei nur gesagt: Möglichkeiten verleiten dazu sie wahrzunehmen, da sie etwas neues sind, und Hoffnung schenken können. Dauernd den Weg zu wechseln ist wie nach unsichtbaren Flaggen zu suchen. Und an einer Möglichkeit festzuhalten bedeutet einen befestigten Weg zu bauen, und sich dann am Bau zu verbrauchen. Und vielleicht baue ich auch ein Haus, und bleibe stehen.

Dumbledore sagte einst zu Harry, dass der Moment kommen wird, indem wir uns entscheiden müssen, zwischen dem einfachen Weg und dem richtigen. Den richtigen Weg für einen zu erkennen obliegt ganz ihm. Dann übernimmt der Mensch tatsächlich Verantwortung für sein Leben. Hast Du schon Möglichkeiten gesehen? Und hast Du auch den ersten Schritt in diese Richtung gemacht?

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Geschichten, die Geschichte schreiben

Mensch mit Wunderkerze

Das Leben ist einfach. Es ist komplex, es schwingt, es fließt. Leben ist schön. Und das Leben? Wie kann ichs wissen? Erfahren, darüber lesen, nachdenken? Etwas aufbereitetes aufnehmen?

Ja, ich mag Bücher, Videos, Podcasts. Aufbereitete Information, schnell aufzunehmen, um dann darüber nachzudenken, und auch einen Weg zu finden eine passende Erfahrung zu machen. Ein Weg für mich alleine, ein einsamer Weg. Irgendwann fing ich an meine eigene Geschichte zu erzählen. Leute, die mich kannten, aber auch ganz neue Bekanntschaften, hörten mir gerne zu, nahmen es an, erzählten von ihren Geschichten. Wir konnten zusammen und gemeinsam wachsen, eine Intimität entwickeln und genießen. Es waren Begegnungen mit Bedeutung, und jede Begegnung kann Bedeutung haben. Und deswegen geht es hier auch um Geschichten, um Funken die zum Leuchten anregen, um Perspektiven die aufzeigen wie unbedeutend Gedanken sein können.

Es war also einst, vor gar nicht allzu langer Zeit, da fing ich an meine eigene Geschichte zu erzählen. Ein großer Schritt in einer Welt, in der ich selten wahrgenommen habe, dass echte und persönliche Geschichten erzählt werden, von Angesicht zu Angesicht. Ich habe mich dabei offenbart, war verletzlich und habe mich nicht zurückgehalten. Es war mir egal was die Leute über mich denken, wenn sie sich meine Geschichte anhören. Ich wollte nur meine Geschichte erzählen, ohne Erwartungen, ohne Bedingungen. Es war ein befreiendes Gefühl! Die Einsamkeit war durchbrochen, ich war nicht mehr mit meiner Geschichte alleine. Und so ist mir nach und nach immer mehr bewusst geworden, dass es die einzelnen Geschichten sind, die Geschichte schreiben. Denn erst die einzelnen Geschichten können zu gemeinsamen Geschichten werden. Und die gemeinsamen Geschichten können zu globalen Geschichten werden.

So wie Bastian von der Kindlichen Kaiserin gelernt hat, dass eine ausgesprochene Geschichte – oder ein Name – Geschichte schreiben kann, und jeder einzelne eben diese Macht über die Welt hat. So ist es auch mit den ganz eigenen und persönlichen Geschichten. Hier soll es also darum gehen: um Geschichten von mir, von anderen, um Menschen und die Welt, um Funken die zum Leuchten anregen, um Perspektiven die aufzeigen wie unbedeutend Gedanken sein können. Ich hoffe von dir, liebe/r Lesende/r, zu hören. Deine Gedanken, deine Geschichten. Wie schreibst du Geschichte, und wie soll deine Geschichte weitergehen? Dies ist das Experiment, und eine Inspiration. Und falls du persönlich mit mir sprechen möchtest, dann melde dich, und wir treffen uns, tauschen Geschichten aus, wachsen, schreiben Geschichte.

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