Schon Mal ein Fahrrad repariert?

Es gibt ja solche Tage, und solche Tage. So sagt mensch zumindest. Und heute (am Tag des Verfassens) ist ein solcher Tag. Und obwohl es morgens schon hätte klar sein können, bin ich den Tag dennoch angegangen. Und es gab auch Erfolgsmomente, und es gab auch optimistische Momente. Aber es war doch … naja … solch ein Tag.

Und nun schreibe ich das, und frage euch: schon Mal ein Fahrrad repariert? Vielleicht Mal einen Platten gehabt? Was dann? Seid ihr in den Genuss dieses ersten Mals gekommen, etwas für euch neues zu tun, und es falsch machen zu können? Damit vielleicht später in die gleiche Situation zu kommen, da ihr es ja falsch gemacht habt? Oder euch vielleicht zu blamieren? Oder dem Besitzer des Fahrrads etwas vermeintlich Schlechtes zu tun damit?

Nun, dann seid ihr nicht allein! Ich habe heute eben dies gehabt. Und es war zum Teil eine großartige Erfahrung! Wie oft haben wir heutzutage ein erstes Mal? Und wie oft freuen wir uns darauf? Ich war dankbar, dass ich es hatte! Und dann war ich ganz schnell frustriert. Ich bin zu diesem Fahrradladen, um zu testen, ob der Schlauch tatsächlich ein Loch hat, und das hatte er. Dann bin ich zurück, um einen anderen einzusetzen. Als ich spontan den Reifen nicht abbekommen habe, habe ich YouTube konsultiert, und bin nicht schlauer geworden. Ich habe nichts improvisieren können, was einem Reifenheber entsprochen hätte.

Schlauch eingepackt, zurück zum Laden, Heber gekauft … funktioniert nicht. Bin ich zu vorsichtig? Wie viel hält so ein Reifen eigentlich aus? In den Laden, dort mit Kraft! Gut, hält viel aus, Rest mach ich selbst. Fast daneben: den Schlauch von der gegenüberliegenden Seite vom Ventil herausnehmen. Danke! Dann Schwierigkeiten beim Pumpen. Diesmal lags wohl am Gerät. Und so geht die Geschichte noch eine Weile weiter.

Aber ich habe gerade gar keine Lust die Geschichte in aller Ausführlichkeit euch darzulegen. Es soll kein Tutorial zum Wechseln von Fahrradschläuchen werden. Vielleicht mache ich das ein anderes Mal. Dieses Mal geht es um die Frage nach einer Mitte: nach der Mitte zwischen kindlichem Ausprobieren und blindem Ausführen. Nach dem Unterschied zwischen „Es könnte kaputt gehen, und ich probiere trotzdem aus.“ und „Ich lasse es vom Profi machen.“ oder „Ich lasse mich beim Machen betreuen.“. Wo ist da die Mitte? Wie bewege ich mich sinnvoll auf diesem Spektrum? Und vor allem: bin ich an einer bestimmten Stelle dieses Spektrums gefangen?

Die oben so kurz und knapp erzählte Geschichte hatte nämlich viele negative Emotionen. Und beim Schreiben hier, und beim Nachdenken darüber habe ich ebenso starke negative Emotionen. Und das muss ich euch so erzählen und das betonen, denn sonst hat der Text hier seinen Zweck verfehlt! Die Antwort auf die letzte Frage für mich ist folgende: ich bin auf der passiven, unwirksamen Seite des Spektrums gefangen. Dieses Gefängnis habe ich bereits vor einiger Weile begonnen aufzubrechen, und mich auf andere Bereiche vorgewagt. Doch heute — an einem solcher Tage — ist mir wieder klar geworden, wie lang dieser Weg ist, und dass es nicht oft Gelegenheit gibt sich dessen bewusst zu werden, und ihn zu navigieren.

In unserem Alltag lässt sich so viel vom Profi erledigen. So viele Erfahrungen, so viele erste Male, verwehren wir uns alleine schon dadurch, dass wir etwas nicht versuchen. Ja, der Profi kann sicherlich besser die fünfstöckige Hochzeitstorte herstellen. Wenn ich mich einen vollen Tag in die Küche stelle, und nach Buch und Video selbst eine herstelle, dann weiß ich auch viel mehr zu würdigen, dass jene vom Profi so hübsch und lecker ist. Meine ist es vielleicht nicht. Und die Gäste bekommen dann auch die vom Profi. Oder auch nicht! Vielleicht habe ich es ja aus meiner Sicht super hinbekommen, und serviere mit Stolz meine eigene Kreation. Ich werde es nicht wissen, wenn ich es nicht ausprobiere.

Und mein Fahrrad kann der Profi sicher auch schneller und besser reparieren. Was aber, wenn es mir auf dem Weg kaputt geht? Breche ich den Weg dann grundsätzlich ab? Heutzutage kann ich zwar mein Auto nicht mehr selbst reparieren, wie Gunther Holtorf es gemacht hat, aber immerhin mein Fahrrad. Was bedeutet es für mich, wenn ich das selbst kann?

Und wie kann ich es überhaupt erfahren, wenn ich doch scheinbar etwas in mir habe, was mir weismachen möchte, dass es jemand anderes tun sollte? Und wieso gibt es die neuen Erfahrungen, die ich gerne mache, und die anderen, die ich nicht so gerne mache? Weil die leidlichen weiter von meiner eigenen Realität, von ähnlichen Erfahrungen entfernt sind? Bin ich deswegen schlechter dafür qualifiziert als andere? Oder übernehme ich hier schlicht keine Verantwortung?

Ja, einer jener Tage ist heute …

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Ich bin dagegen.

Heute ist mensch dagegen. Gegen AfD und SPD, gegen früh aufstehen und gegen spät ins Bett gehen, gegen Vernunft und gegen Exzess, gegen Moral und gegen ungerecht. Ich bin dagegen. Ich bin gegen das Dagegensein, für das Dafürsein, fürs Freisein, fürs Zusammen- und fürs Alleinsein, fürs Gemeinsamsindwirstark- doch Alleinebinichglücklichsein. Bin ich dann auch gegen das Dafürsein und für das Dagegensein?

Einerlei: ob dafür oder dagegen, ob auf neuen oder alten Wegen, ob zusammen oder allein – jede/r möcht‘ nur glücklich sein. Drum werd‘ ich sehen: ich dreh nur Runden; bin wie erblickt, dem Blick entschwunden, im Überwinden meiner Wunden, und doch fernab. Fernab Links, Rechts, Mitte, fernab zur Mitte, zur Titte, zum Sack, fernab dafür, dagegen, fernab Mensch, fernab Leben. Zackzack! Ob dafür oder dagegen, ich möcht‘ nur sein, möcht‘ doch nur leben, ob auf neuen oder alten Wegen – nein!

Nein! – nicht dagegen. Ja! – nicht dafür. Nein, für mich, für dich, für uns. Ja, für alle und alles und nichts. Ich such‘ nicht mehr das Überleben, ich möcht‘ heut‘ hier und glücklich leben, und muss gestehen: ich war dagegen!

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Wo geht es hin? Wer kanns erblicken? Können wir es sehen, gesattelt auf dem Messerrücken? Ein Stück vom Kuchen: das möchte jeder. Ein Stück vom Leben? Ich bin dagegen.

Und wer es sieht, der kanns kaum glauben: vom Mensch geschaffen, ist am Verstauben! Den hohen Zweck mit Bravur erfüllt, bettet sich schlecht, graviert ganz güld‘. Das Alte weicht dem Alten nicht, das Neue ist bloß ein altes Gesicht, die Welt von morgen bleibt uns verborgen, die Welt von heute kennen kaum, die Leute.

Wo geht es hin? Wer kanns erblicken? Können wir steigen von dem Messerrücken? Auf dass wir sehen unser Leben, und uns gestehen: ich war dagegen!

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Es wird nun Tag, in dunkler Nacht. Ob wir nun früh aufstehen oder spät ins Bett gehen, ach. Heut‘ mit Vernunft, morgen im Exzess. Für mich Moral, für dich ungerecht. Ich such‘ nicht mehr das Überleben, ich möcht‘ heut‘ hier und glücklich leben. Drum steig ich ab vom Messerrücken, back‘ mir beschwingt ‘nen eigenen Kuchen, stell‘ fest im Neuen und Verzücken: ich war dagegen, ja – nun bin ich frei. Es wird nun Tag, in dunkler Nacht.

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Von Engeln und Dämonen

Mädchen, mit traurigem Blick zum Betrachter, eine Lichterkette die ins Bild führt, um ihren Kopf führt und sie in in ihren Händen hält, im Hintergrund ein Baum, an dem sie sitzt

Gut und Böse, schwarz und weiß, Engel und Dämonen – dies sind die Dualismen, mit denen wir Menschen uns so beschäftigen, wenn es darum geht, wie etwas zu bewerten ist. Und wer entscheidet was gut und was schlecht ist? Ist es überhaupt möglich etwas als objektiv böse – oder schlecht – zu bewerten? Ist eine Giftspritze böse, weil sie Lebewesen töten kann? Nein, ja, und: vielleicht.

Wieso nicht beides? Möchte ein Mensch selbst keine Giftspritze empfangen, so ist er womöglich dafür, dass ein entlaufener Bär mit selbiger eingeschläfert wird. Der gleiche Mensch gönnt seinem Verwandten die Erlösung von seiner Krankheit, und ist gegen eine Bestrafung, die das Leben kostet. Wie passt das alles zusammen? Schließlich geht es doch um die Frage, ob Giftspritzen nun gut oder schlecht sind. Und nein, meiner Meinung nach ist das Beispiel nicht gerade passend gewählt, nur um mit einer Kontroversen einzusteigen. Da könnte womöglich beliebige Situation als Beispiel dienen.

Ist eine Giftspritze böse, weil sie Lebewesen töten kann?

Ich behaupte hier: es ist niemals etwas gut oder schlecht, sondern immer beides. Und die Relevanz einer Bewertung sagt auch das Ergebnis vorher. Aber das führt nun zu tief ins Thema, und hier soll es um eine Beobachtung gehen, die ich hin und wieder anstelle. Meist brauche ich eine gewisse Zeit, um einen Menschen kennenzulernen, und entsprechend um eine solche Beobachtung machen zu können. Manchmal braucht es auch anderer Menschen, um zu erkennen, was dort passiert. Und gerne stelle ich die Beobachtung auch dankbar bei mir an: der Konflikt der (vermeintlich) zwingenden Bewertung, und die damit einhergehende Kategorisierung, macht unglücklich.

Wie kann das sein? Wir einigen uns doch alle darauf, was gut und schlecht ist, damit es einfacher ist. Oder nicht? Auch in uns stellen wir mit der Zeit Werte auf, formulieren Prinzipien, bilden uns Meinungen, damit wir in ähnlichen Situationen schnell und effektiv reagieren können. Und weil wir es als „richtig“ empfinden. Also, dadurch als „richtig“ einschätzen. Und, ähm, durch das, was wir durch die Menschen um uns so erfahren und hören. Bewertungen erhalten sich also so lange selbst, bis sie hinterfragt werden. Und das ist der schwierige Teil.

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit einen Menschen kennengelernt, der Menschen schätzt, welche sich und die Gesellschaft hinterfragen, und entsprechend eine Zukunft gestalten wollen, die glücklich sein soll für alle [Lebewesen]. Diese Person schätzt des weiteren an anderen Personen, wenn diese bestimmte Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen nicht haben. Und an sich selbst sieht die Person eben auch jene Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen, welche sie unglücklich machen. Diese möchte sie meiden, damit sie nicht in Versuchung geführt wird, wieder etwas zu tun, was sie im Nachhinein unglücklich machen wird. Sie holt sich ein leckeres Eis, isst es, hat es schon vor dem Kauf bereut, währenddessen und nach dem Essen ebenso, und zu einer Regel hat sie es auch gemacht: dass sie eben nachgibt, und es Eis dann lieber nicht in ihrer Welt geben sollte.

Ich bin in gewisser Weise über Menschen dankbar, bei denen ich so etwas beobachten kann, und darüber reflektieren kann, was das eigentlich für mich bedeutet. Es ist gewissermaßen deren Geschichte, die sie mir indirekt erzählen. Und auch ohne genau zu wissen, was dahinter steckt, so kann ich doch Parallelen erkennen. Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die ich an mir nicht gut finde, diese daher bei anderen meiden möchte, um nicht in Versuchung geführt zu werden. Und immer wenn das passiert, dann bereue ich es schon vorher, mehrfach währenddessen und auch danach. Es wird zur Regel, und dadurch zu einem richtigen „Problem“.

Der Konflikt der (vermeintlich) zwingenden Bewertung, und die damit einhergehende Kategorisierung, macht unglücklich.

Was tue ich nun, um diesen Konflikt aufzulösen? Nun, im Moment bin ich achtsam, versuche diese Gedanken zu erkennen, und anders mit meinen „Problemen“, den Eigenschaften, Gewohnheiten und Verhaltensweisen umzugehen, und konstruktiv daran zu arbeiten. Bei Gewohnheiten entsprechend Alternativen zu suchen, die ähnlich wirken, wie bspw. Essen oder Spiele statt Zigaretten. Bei Verhaltensweisen unterbreche ich gerne das Verhalten, und versuche ein anderes Verhalten zu finden, welches ich mir in solchen Situationen anbieten kann, und entsprechend eine Änderung herbeizuführen. Ein Beispiel wäre hier, dass ich mir Pausen nehme, sobald ich merke, dass ich unter Druck gerate eine Entscheidung zu treffen, die ich zu dem Zeitpunkt noch nicht aus mir heraus treffen kann, um dann die Zeit zu haben, darüber nachzudenken. Und bei Eigenschaften habe ich noch keine Faustregel gefunden. Eigenschaften sind für mein momentanes Verständnis eher sehr komplex, und etwas, was sich über Jahre verändert, und weniger über Tage, Wochen oder Monate. Wer weiß, zu welchen Erkenntnissen mich meine Reise noch führen wird?

Also: bleibt der Engel in uns übrig, wenn wir den Dämon aussperren? Und auch alle anderen Dämonen? Oder besser: falls wir die Dämonen aussperren, kommen diese nicht wieder? Und was tun dann die Engel? Wie geht ihr damit um?

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Das Blau am anderen Ende des Horizonts

Frau mit blauen Augen, der Mund und die Nase verdeckt von Kleidung, offene Stirn, Haare ein wenig im Gesicht

Konrad Adenauer sagte wohl einst: „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“ Das kann aus meiner Sicht sehr reizvoll sein, denn es gibt immer das Potential den Horizont noch zu erweitern. Eine solche Reise habe ich vor einiger Zeit begonnen, und merke nach und nach, welche Tragweite das haben kann, wie viel das durcheinanderbringen kann. Hier also eine kleine Geschichte dazu.

Ich war also Mal wieder auf Reisen: in Zügen, an Küsten, in Großstädten, in meinem Körper und in meinem Kopf. Es war eine Reise zu anderen Horizonten, eine Entdeckungsreise ohne Ziel, eine Party mit fremden Beats. Ich sah diese Frau im Zug, und sie sah mich. Nichts geschah. Blicke, Augen, kein Lächeln, alles in unseren Köpfen. Wir sahen nur Augen, nur Blicke. Es regnete draußen, und ein seltsam erschöpftes Gefühl machte sich breit an einer Ostseeküste. Doch dieses Gefühl wich der Leere eines Strandes, den nur die Körbe besuchten an diesem Tag – und die Touristen. Und was taten diese? Sie machten Fotos. An diesem Strand gab es keinen blauen Horizont. Doch wo könnte dieser sein?

Derweil saß ich wieder im Zug, einen Schlafplatz bei jemandem organisiert, den ich online gerade erst kennengelernt habe. Ein weiter Weg bis dahin. In der Großstadt tummeln sich Menschen, manche genießen ihr Samstagsbier, manche ertränken ihren Samstag in Bier. Aus den Lokalen dröhnt der Fussball. Erstmal einen veganen Burger mit Süßkartoffelpommes essen, dazu Eistee. Wer gewonnen hat? Spielt das wirklich eine Rolle? Ich suche Horizonte, nicht Leuchttürme. Also weiter in der Stadt, durch die Straßen, durch die Gassen. Ein Gespräch das bleibt: „Fensterscheiben kannst du dir in allen Städten anschauen.“, oder so ähnlich. Dieser Satz sollte mich noch lange beschäftigen. Horizonte sind nicht die Fensterscheiben, die ich betrachte, sondern was dahinter liegt. Etwas verwirrt dann zum Bahnhof, ab in die nächste Stadt.

Ein kleiner Wasserkanal kann Welten trennen, die doch zusammengehören. Auf der einen Seite spielt Musik, die Leute tanzen und haben Spaß. Auf der anderen Seite ist der Spaß wohlrationiert, der Tanz im Kopf und die Musik hat keine Melodie mehr. Manche Fenster haben eben keine Scheiben, sondern Wände, die den Blick hinein verdecken sollen. Ich sitze wieder im Zug und sehe nur schwarz. Der blaue Himmel ist nur noch in meinem Kopf, irgendwo über den Wolken. Die nächste Stadt ist klein, das Erlebnis wie ein Throwback, aber neu und anders. Vielleicht rede ich zu viel.

Die Nacht war kurz, ich denke an Fensterscheiben. Schlaf ist nicht dort, wo die Wolken beginnen sich zu verziehen. Gewohnheit siegt jedoch zunächst. Schon wieder diese spitzen Kanäle, aber diesmal mit Geschichte. Horizonte liegen auch in Geschichten, aber nicht so sehr dieses Mal. Zu wild die Wellen.

So auch an der Nordsee, wo die Menschen fliegen lernen. Wieso? Weil sie Spaß haben! Ein faszinierendes Bild der Unstimmigkeit menschlicher Kreativität. Am Horizont eine Insel. Keine Geschichten? Nun, womöglich war es wie bei dem Hund, der die Wellen anbellend immer weiter lief, denn es kamen ja immer neue, und sein Blick war stets nach vorn gerichtet. Irgendwann sah ich ihn nicht mehr. Der Wind erschien mir stärker. Zeit zu gehen. Es segelt sich besser mit einem gepflegten Schiff.

Freiheit schmeckt so gut. Und es ist ein euphorisches Erlebnis unendlicher Möglichkeiten. Das Blau am anderen Ende des Horizonts zu probieren kann viel durcheinanderbringen. Es ein anderes Mal tatsächlich zu erleben ist sehr reizvoll. Mit frischen Segeln und weniger Wind. Oder einfach so.

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Wachstum im Guten wie im Schlechten

Kristallball, der die Perspektive umkehrt

Geschichten, Möglichkeiten, Pausen. Wohin führt das Ganze? Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich mich für viele Dinge interessiere, mich mit verschiedensten Themen beschäftige, und im letzten Jahr fast mein ganzes Leben verändert habe. Was niemand wissen kann, ist, dass sich mein Leben wahrscheinlich auch das nächste Jahr noch viel verändern wird. Ist das nun gut? Oder schlecht? Oder beides?

Aus meiner Sicht gibt es eine Konstante im Leben: die Veränderung. So wie jede Jahreszeit neues Leben erschafft, und anderes tötet, so wie zwischenmenschliche Beziehungen aufgebaut und wieder aufgegeben werden, so wie in den großen Lebensphasen die Umgebung und die Perspektive erscheint und dann wieder verbleicht, so ist es bei allem, was wir denken und tun. Ich kann mich heute fest auf meinem Weg sehen, und ihn gehen, und morgen schon beginne ich einen Karrierewechsel. Ich kann letzte Woche noch die Gedanken nicht von einer Person lassen, und nächste Woche ist es eine andere Person, oder gar ich selbst. Vor einem Jahr habe ich vielleicht niemals in Erwägung gezogen, in eine andere Stadt zu ziehen, und nächstes Jahr werde ich womöglich schon in zwei anderen Städten gelebt haben. Mit kleinen Gedanken und Tätigkeiten funktioniert es genauso. Wer schonmal ein Buch gelesen hat, oder ein Musikstück gehört hat, der weiß, dass alles, was einen Anfang hat, auch ein Ende hat. Und es verändert uns jedes Mal, auch wenn es uns oft nicht bewusst ist. Nach dem Aufwachen sieht die Welt oft ganz anders aus, als sie vor dem Einschlafen aussah. Ist das nun gut? Oder schlecht? Oder beides?

Muss es gut sein? Oder schlecht? Was ist überhaupt gut und schlecht? Ist es gut, dass die Atombombe zum Ende des Zweiten Weltkrieges beigetragen hat, oder ist es schlecht, dass selbige so viel Zerstörung verursacht hat? Ist es schlecht, dass in der Dritten Welt Kinder arbeiten müssen, oder ist es gut, dass sie eine Möglichkeit haben mit das Überleben der Familie zu sichern? Ist es gut, dass im 21. Jahrhundert die Menschheit immer schneller und immer mehr nachhaltig mit ihrer Welt umgeht (ja, es gibt noch viel zu tun), oder ist es schlecht, dass hierzu Jahrhunderte immer schnelleren und immer weniger nachhaltigeren Handelns notwendig waren, um durch die Konsequenzen das Bewusstsein dafür zu schaffen? Was passiert, wenn wir den Blick aus der Vergangenheit und der Zukunft hin zum Jetzt bringen?

Worauf kommt es heute an? Ich habe vor einiger Zeit für mich das Experiment begonnen, jeden Tag ein bisschen besser zu verbringen, als den vorherigen. Was auch immer das bedeuten mag. Dabei habe ich gelernt, dass Wachstum das ist, was positives und negatives in eine Form bringt, die für mich jeden Tag ein bisschen besser werden lässt. Wachstum bedeutet nicht, dass es immer nur positiv sein muss. Wenn ich einem Baum einen Ast abschneide, kann es sein, dass ihm danach zwei wachsen. Wenn ein Krieg geführt wird, dann kann es sein, dass die Region danach stabiler ist, und dadurch die Lebensqualität besser wird, als sie es jemals war (beispielsweise der EU-Raum nach dem Zweiten Weltkrieg). Wenn eine Partnerschaft beendet wird, weil die Umstände zu viel Leiden verursachen, dann kann es sein, dass Monate später selbige Partnerschaft neu erblüht, mit neuer Perspektive, und besser als vorher.

Wachstum ist also immer möglich, die Veränderung sollte willkommen geheißen werden, und bewusst wahrgenommen werden. Vielleicht belasten die großen und plötzlichen Veränderungen ja nicht so sehr, wenn wir jeden Tag die Vielzahl an kleinen Veränderungen und die Bewegung in unserem Leben sehen, und sie als etwas natürliches ansehen. In diesem Sinne verlasse ich euch hier mit einer kleinen Inspiration. Denn wir erfahren manche Veränderungen, und wir bewirken manche auch. Gut? Schlecht? Egal! Macht was draus!

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Die verborgene Macht der Möglichkeiten

Mensch in Landschaft auf Holzweg

Möglichkeiten. Ein Wort, welches in der deutschen Kultur aus meiner Sicht eher weniger präsent ist, als beispielsweise in der US-amerikanischen. Es wird häufig von dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten gesprochen, und häufig werden die Fakten belächelt, die dem zu widersprechen scheinen. Doch hier soll es nicht um Fakten gehen, sondern um Wahrnehmung.

Wie ist das also nun mit den Möglichkeiten? Ich persönlich habe häufig nur gehört, dass ich ja die Wahl hätte. Für mich ist eine Wahl die Entscheidungsmöglichkeit zwischen vorgegebenen Optionen. Und lange Zeit habe ich auch nur diese gesehen: nach der Mittelstufe habe ich die Wahl zwischen Abitur, Fachabitur und Ausbildung. Nach dem Abitur habe ich die Wahl zwischen Universität, Ausbildung, usw. Nach der Universität habe ich die Wahl zwischen den Jobs für die mich mein Abschluss qualifiziert. Und so geht das immer weiter. Dir werden Wege gezeigt, und Du darfst wählen, welchen Du gehst. Wenn Du sie nicht gehst, dann droht Dir ein schlechtes Leben – so zumindest habe ich den Druck empfunden, der mit diesen Entscheidungen einhergeht. Die Formel ist also einfach: gehe die Wege, und Du wirst ein gutes Leben haben.

In US-Amerika ist die kulturelle Sicht darauf andersherum. Wenn dort ein Mensch ein gutes Leben haben möchte, dann geht es eher darum sich einen Weg zu erarbeiten, der einen dorthin führt. Dort geht es weniger um Status, mehr um das Erreichte (achievements). Welchen Weg der Mensch dabei geht ist erstmal unwesentlich, solange er dafür arbeitet (work hard). Und so ist dort die vorherrschende Interpretation von Möglichkeiten die der opportunities. Das ist eine Situation, in der es etwas zu erreichen gibt, wenn diese Situation wahrgenommen wird, und daran gearbeitet wird.

Stellen wir uns das bildlich vor: wir gehen durch unser Leben, eine große und diverse Landschaft. Wenn wir Wahlmöglichkeiten haben, dann sind das befestigte Wege durch diese Landschaft, und womöglich sehen wir sogar andere, die diese Wege gehen, und wir können es ihnen gleich machen. Opportunitäten sind Flaggen, die abseits der Wege aufgestellt wurden. Von jedem sichtbar, kann auch jeder versuchen dorthin zu gelangen. Doch nur der erste kann die Flagge nehmen, der Rest bleibt dann mitten in der Landschaft stehen. Was kann es noch geben?

Für mich sind Möglichkeiten nicht für alle in der Landschaft zu sehen. Jeder hat einen eigenen Blick auf die Landschaft, gezeichnet von seinen Wünschen, Träumen, Zielen und Visionen. Dies könnte bedeuten auf einen Berg in dieser Landschaft zu steigen, um dann mit einem Gleiter weit ins Land zu fliegen. Doch dort gibt es keinen befestigten Weg hin, und keine Flaggen, die eine Richtung weisen. Ich kann mir durch Geschichten anderer Inspiration für meinen eigenen Weg holen, aber es wird mein eigener Weg bleiben, da nur ich so bin, wie ich bin.

Was also ist die verborgene Macht der Möglichkeiten? Es gibt kein richtig und falsch, wenn es um Möglichkeiten geht. Egal welchen Weg ich gehe, niemand außer mir kann beurteilen, wie geeignet dieser für mich ist. Schließlich finde ich den ja auch aus meinem Innersten heraus. Und, stelle ich fest, dass der Weg nicht gut für mich ist, dann gibt es unendlich viele andere die ich einschlagen kann. Diese Einsicht macht das Leben zu einem Abenteuer, und womöglich ist es das, was die Leute meinen, wenn sie sagen der Weg sei das Ziel. Die Richtung kann sich jederzeit ändern im Laufe des Lebens, und die Richtung zu ändern kann auch eine bewusste Entscheidung sein. Ist der Blick offen dafür, dann tun sich immer wieder neue Wege auf. Fasziniered!

Doch eine Macht wäre keine Macht, wenn sie nicht auch negatives tun könnte. Und das ist die Suche nach Möglichkeiten. Über Wahlen kann ich mich infomieren, nach Opportunitäten suchen. Möglichkeiten jedoch erscheinen häufig nur dann, wenn nicht danach gesucht wird. Ich habe das häufig im letzten Jahr erlebt, und ich werde sicherlich auch noch Geschichten dazu erzählen. So viel sei nur gesagt: Möglichkeiten verleiten dazu sie wahrzunehmen, da sie etwas neues sind, und Hoffnung schenken können. Dauernd den Weg zu wechseln ist wie nach unsichtbaren Flaggen zu suchen. Und an einer Möglichkeit festzuhalten bedeutet einen befestigten Weg zu bauen, und sich dann am Bau zu verbrauchen. Und vielleicht baue ich auch ein Haus, und bleibe stehen.

Dumbledore sagte einst zu Harry, dass der Moment kommen wird, indem wir uns entscheiden müssen, zwischen dem einfachen Weg und dem richtigen. Den richtigen Weg für einen zu erkennen obliegt ganz ihm. Dann übernimmt der Mensch tatsächlich Verantwortung für sein Leben. Hast Du schon Möglichkeiten gesehen? Und hast Du auch den ersten Schritt in diese Richtung gemacht?

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